Bitcoin & El Salvador
Zukunftsmodell oder Untergang?
Jeder der schonmal in Zentralamerika war weiß: Du kannst ALLES mit Dollar zahlen. Oft mit keinem oder nur minimalem Aufschlag. Das liegt daran, dass eine gewisse örtliche Nähe besteht, aber vor allem am Status des US-Dollars als Reservewährung der Welt. Viele Währungen auf der Welt sind in ihrem Wert an den des US-Dollars gebunden. Dann gibt es die Länder die den US Dollar entweder zusätzlich zur eigenen Währung als legales Zahlungsmittel etablieren, oder aber direkt Dollar als Hauptwährung nutzen.
Um die ökonomische Entwicklung im Land zu stabilisieren, beschloss die Regierung von El Salvador im Jahr 2001 statt dem El Salvador Colon, den US Dollar zu nutzen. Jeder konnte seine Colon in Dollar tauschen. Das hing vor allem mit den hohen Geldflüssen aus der USA in das Land zusammen. Viele Salvadoreaner leben und arbeiten in den USA und senden regelmäßig viel Geld nach Hause. Das betrifft mehr als 20% der Population. Um die eigene Währung zu schützen sattelte man direkt ganz auf den Dollar um.
Das gleiche Phänomen hat auch bei der Einführung des Bitcoin als zusätzliche Währung eine Rolle gespielt. Die meisten Einwohner von El Salvador haben kein Bankkonto und bekommen Geld von Ihren Freunden und Verwandten im Ausland mit Dienstleistern wie Western Union geschickt. Die jährlichen Gebühren die dafür anfallen beliefen sich laut Präsident Bukele 2020 auf jährlich 400 Millionen US Dollar. 400 Millionen die nicht bei den Menschen im Land ankommen. Das ist schlecht für die Menschen und schlecht für die Wirtschaft El Salvador’s.
Wie wurde Bitcoin legale Währung?
Durch amerikanische Auswanderer in den Küstenort El Zonte wurde der Ort zum ‚Bitcoin Beach‘. Als man eine Spende an die Einwohner des Ortes verteilen wollte wurde allen bewusst wie schwer eine gerechte Verteilung ohne Zugang zu Banken werden würde. Die Spende wurde in Bitcoin geleistet so das man sich kurzum zum Ziel setzte lokal eine nachhaltige Bitcoin-Ökonomie zu etablieren anstatt die Spende in Dollar zu tauschen und in Bar auszugeben. Dieses Modell hat für das Surferparadies so gut funktioniert, dass es zum Mekka für Bitcoiner aus der ganzen Welt wurde. Auch ohne den Status als legale Währung hat Bitcoin für Touristen und Einwohner so gut funktioniert, dass das Beispiel schule machen sollte.
Das positive Beispiel im eigenen Land, sowie das Problem mit den hohen Gebühren für die Zahlungen aus den USA wurde zum Katalysator für die Idee des Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel. Auf der Bitcoin Conference 2021 in Miami verkündete der Präsident Nayib Bukele dann per Videobotschaft (Botschaft ab 13:20) die Absicht die Liste der legalen Zahlungsmittel des Landes um Bitcoin zu ergänzen. Im September des gleichen Jahres ging das Gesetz durch den Kongress und die Einführung war perfekt. Es gibt nun Geldautomaten in El Salvador an denen man Bitcoin gegen Dollar und zurück tauschen kann. Jeder Händler muss nach einer Übergangszeit eine Zahlung per Bitcoin anbieten. Man kann Steuern seine Steuern in Bitcoin bezahlen.
Wie läuft das Experiment Bitcoin für das Land?
El Salvador hat Bitcoin gekauft um diese in die Staatsreserven aufzunehmen und hat jedem Bürger Bitcoin im Wert von 30$ gegeben um die Adaption zu fördern. In nur einem Monat hatten mehr Bürger in El Salvador eine Bitcoin Wallet als ein Bankkonto. Das Onboarding der Bürger lief also zunächst sehr gut und zeugte hauptsächlich davon wie viel zugänglicher die neue Technologie ist. Viele Bitcoin-Gegner gibt es tatsächlich nicht im Land.
Teil der Geschichte ist aber auch, dass viele Händler noch keine Transaktionen in Bitcoin akzeptieren. Wir konnten zwar sowohl in den Läden im Bitcoin Epizentrum El Zonte mit Bitcoin zahlen, als auch unser Datenpaket beim Telefonanbieter Claro, aber in ländlicheren Regionen ist diese Möglichkeit noch kaum verbreitet. Es braucht hier noch viel Zeit und Aufklärung bei der Bevölkerung. Was allerdings stimmt, ist das man bei großen internationalen Ketten wie McDonalds oder Starbucks im ganzen Land mit Bitcoin zahlen kann.
Andere Länder und die Zentralbanken dieser Welt heißen das Experiment nicht gut und gehen von einem desaströsen Ende für die Ökonomie des Landes aus. Andere kritisieren, dass das Gesetz zur Einführung von Bukele quasi im Alleingang durch den Kongress gebracht wurde und unterstellen autoritäres Vorgehen. Bitcoin hingegen ist aber eine von Grund auf antiautoritäre Technologie die von niemandem konfisziert, zensiert oder manipuliert werden kann. Es ist sehr untypisch für einen Staat diese Macht über die eigene Währung aus der Hand zu geben. Bitcoin macht Zentralbanken obsolet, weshalb auch diese Kritik erwartbar war.
Was ganz sicher eine Folge ist, ist ein Anstieg des Tourismus in das kleine Land. Es gibt einige Reisende die sich nur aus Interesse am Bitcoin in das schöne Land verirren. Das ist für das Land in jedem Falle positiv.
Was bringt die Zukunft?
El Salvador plant große Schritte in Richtung einer ganzheitlichen Bitcoin-Ökonomie. So nutzt das Land beispielsweise die im Land im Überfluss verfügbare erneuerbare Geothermalenergie aus Vulkanen zum CO2-neutralen Mining von Bitcoin. Eine Möglichkeit die natürlichen Ressourcen des Landes bestmöglich zu nutzen.
Außerdem ist eine Bitcoin Staatsanleihe geplant die dem Land eine Milliarde zum Kauf von Bitcoin und dem Bau von Infrastruktur bringen soll. Weiterhin ist eine ‚Bitcoin City‘ geplant, die vor allem ausländische Investoren anlocken soll im Land steuerbegünstigt in Bitcoin zu Investieren.
Ganz gleich was man vom Bitcoin hält bietet das Projekt Chancen für El Salvador und zeigt schon heute Wirkung beim Tourismus. Die Zeiten in denen Banken hohe Gebühren für Transaktionen verlangen können werden in Zeiten von Blockchain und digitalen Anlageprodukten schon bald der Vergangenheit angehören.
Die Adaption des Landes hat die gesellschaftliche Diskussion über das Geldsystem neu angefacht, was gerade in Zeiten hoher Inflation auch nötig ist. Man kann sich sicher, sein das einige Länder ganz genau auf den Ausgang dieses Experimentes schauen werden.
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